Corona als Chance bzw. mein Weg durch die Krise
Veröffentlicht von Sabine Lesch-Kaiser in Eindrücke · Sonntag 17 Mai 2020
Seit Wochen bestimmt
Corona unseren Alltag. Als Kita- und Schulschließung beschlossen wurde, habe
ich meine Kurse etc. pausiert. Einerseits um die Eltern mit Geschwisterkindern
zu entlasten, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht wussten, wie sie alle Kinderbedürfnisse
unter einem Hut bekommen sollen und andererseits, um meine Schwiegereltern zu
schützen. Damals wusste ich noch nicht, dass kurz darauf die
Kontaktbeschränkung bundesweit in Kraft treten sollte. Für viele Familien bedeutete
dieser Einschnitt eine ungewöhnliche Herausforderung. Homeschooling,
Kinderbetreuung und vielleicht auch Homeoffice mussten unter einen Hut gebracht
werden. Jede Familie wurde gefragt, einen Weg für sich selbst, mit dieser
großen Aufgabe umzugehen.
Covid 19 stellte auch
mich vor ein extremes Problem. Die Praxis ist geschlossen und trotz Miete bzw.
Nebenkosten gibt es keine Einnahmen. Ich stand in einer heftigen Krise und habe
tatsächlich alle Stufen dieser (nach Verena Kast und Johann Cullberg) erlebt.
Gern möchte ich euch davon erzählen, wie mein Weg daraus aussah bzw. in welcher
Etappe ich mich befinde.
1. Phase des „Nicht-Wahrhaben-Wollens“
Das Pausieren der Kurse
war meine eigene Entscheidung und mit dieser habe ich mich sehr wohlgefühlt.
Doch die grundsätzliche Kontaktbeschränkung war eine Richtlinie von außen, die
ich nicht beeinflussen konnte. Ich war wie erstarrt und befand mich in einem
großen Schock. Ist das alles Wirklichkeit? Entscheidungen mussten getroffen
werden, sowohl im privaten bzw. beruflichen Bereich und das gelang mir gar
nicht. Meinen Körper, den ich sonst gut wahrnehme, war nicht mehr zu spüren.
Eine Leere breitete sich in mir aus und selbst das Weinen aus Angst vor dem
finanziellen Aus fiel mir schwer. Nur die kleine Sabine in mir rief immer
wieder: „Es ist dein Baby – kämpfe dafür!“ Ich kann euch nicht sagen, wie lange
ich in dieser Phase gesteckt habe, aber nach einigen Tagen / Wochen kam ich in
die nächste Stufe.
2. Phase der aufbrechenden, chaotischen
Emotionen
Ich musste mich der
Tatsache stellen, dass die Praxis einige Zeit geschlossen ist. Wurde wütend und
ängstlich. Stundenlang saß ich nur da und weinte aus Angst, dass die Praxis
diese Auszeit nicht überstehen wird. Als dann die erste Kursleiterin auch noch
kündigte, war es ganz aus. Warum ich? Warum dürfen wir nicht öffnen? Der
Verstand sagte immer wieder, dass diese Entscheidung richtig ist, aber meine
Gefühle bekam ich schwer in den Griff – ein Wechselbad der Gefühle. Worte wie
„Entschleunigung“ oder „Chance“ in sozialen Netzwerken machten mich wütend. Tröstende
Worte von der Familie und von Kurseltern halfen nicht. Ich hatte einfach nur
noch Angst, um die Existenz meiner Praxis und konnte kaum noch schlafen! Mein
Versuch Online-Kurse zu geben, Lösungen zu finden – waren nicht
zufriedenstellend und ich wurde immer wütender auf mich. Doch dann am Höhepunkt
meiner Emotionen kam der Wechsel und ich spürte, wie ich in die 3. Phase kam.
3. Phase des Suchens, Findens und des
Loslassens
Vor einigen Wochen nahm
ich wahr, wie ich diesen Zeitraum der Restriktionen akzeptierte. Aktionen, wie das
Nähen für unsere Praxis, gemalte und geschriebene Postkarten in meinem
Briefkasten bzw. Spendenaufrufe von Kurseltern, waren so heilsam. Den Rückhalt
von euch zu spüren, tat meiner Seele so gut. Und auf einmal fühlte ich wieder
mein Herz und die Wärme, die davon ausging, breitete sich in meinen Körper aus.
Die gesprochenen Worte, die ich vorher nicht wahrhaben wollte, kamen bei mit
wieder an. Ich spürte, wie meine Familie mir den Rücken stärkte und Mut zu sprach.
Dadurch wusste ich – mit und durch euch – schaffe ich es! Als die 2.
Kursleiterin dann kündigte, konnte ich loslassen mit dem Gefühl – Sabine, du
packst es trotzdem! Auf einmal befand ich mich schon im nächsten Prozess.
4. Phase des Neuen Selbst- und Weltbezuges
Ich wusste, ich muss mich
verändern. Jeden Tag hatte ich sehr viel zu tun. Durch den Ausfall der
Kursstunden fehlte den Eltern der Austausch und die Beantwortung ihrer Fragen.
Selbstverständlich will ich auch in dieser Zeit für euch da sein und so
beantwortete ich alle Fragen per Telefon oder Mail. Doch das Konto zeigte
weiterhin ein Minus an, da kaum Einnahmen hineinkamen. Lösungen mussten her und
ich mache mich auf den Weg, neue Konzepte zu entwickeln. Ich beschäftigte mich
mit Online-Kursen und fand Spaß daran. Kursmaterialien, die sich gerade
langweilen, weil keine kleinen und großen Besucher*innen da sind, werden
vermietet. Und zum Schluss schaffe ich erstmalige Kurskonzepte. Ich habe wieder
ein Ziel im Visier - der Kampf um den Erhalt meiner Praxis. Gerade befinde ich
mich der letzten Stufe.
5. Phase Ausblick
Der Weg zu meinem Ziel
wird nicht geradlinig sein, sondern eher steinig, hügelig oder vielleicht auch einmal
eine Sackgasse sein. Vielleicht muss ich wieder ein kleines Stückchen zurückgehen,
um dann einen neuen Weg zu wählen. Aber es ist mein Weg mit Covid 19 umzugehen.
Ob es eine Chance ist, kann ich noch nicht sagen. Ich bin mutig genug, mich auf
diese Veränderungen einzulassen und freue mich auf die Herausforderung.
Trotzdem sehne ich nach dem Tag, wo wir wieder für euch öffnen dürfen. Ich
freue mich auf viele lachende Eltern und Kinder, auf die Begegnungen mit euch,
den Austausch untereinander – auf den Moment „einfach für euch da sein“! Bis
dahin heißt es Geduld zu haben, die neuen Wege zu gehen und euch für euren
Rückhalt zu danken! Ich weiß, gemeinsam schaffen wir es! Und es bleibt die
Hoffnung und der Wunsch, dass wir alle gesund diese besondere Zeit überstehen.
Eure Sabine
PS. Wie erlebst du diese
besondere Zeit und welche Lösungen hast du für dich / euch gefunden? Findest du
dich in diesen Phasen wieder? Schreibe mir doch einfach. Ich bin gespannt.
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